Fundraising ist die professionelle Form der Spendenakquise. Hierunter versteht man die systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer Non-Profit Organisation mit dem Zweck, finanzielle oder sachliche Spenden zu akquirieren, ohne dass dafür eine Gegenleistung erwartet wird. Der verstärkte Einsatz von professionellen Instrumenten des Fundraisings muss eine notwendige Reaktion gemeinnütziger sozialwirtschaftlicher Unternehmen sein, um knapper werdenden öffentlichen Mitteln und der zunehmenden Konkurrenz innerhalb der Hilfelandschaft zu begegnen. Im Rahmen einer Fundraising-Strategie ist innerhalb der Organisation zu untersuchen, welche Zielgruppe mit dem größten Erfolg angesprochen werden soll. Unternehmen in der Sozialwirtschaft müssen sich sowohl auf die zunehmende Digitalisierung in der Spendenakquise einstellen als auch Instrumente für ein professionelles Erbschaftsmarketing im Rahmen des Fundraisings entwickeln.
Die Digitalisierung wird bei der Akquise von Spendengeldern weiter an Bedeutung gewinnen. Spender sind zunehmend online aktiv und nutzen zunehmend die Möglichkeit, auch online zu spenden. Traditionelle Mailings bzw. Spendenbriefe richten sich vielmehr an Generationen, die weit weniger Zeit ihres Tages online verbringen. Dies sind meist ältere Menschen. Nachfolgende Spender jüngerer Generationen benötigen verstärkt Marketinginstrumente, die auf ihr Onlineverhalten angepasst werden. Aus diesem Grund explodiert der Markt des Online-Fundraisings beinahe in seiner Vielfältigkeit.
Die Fülle an Anbietern, Plattformen und Tools im Online-Fundraising ist kaum in ihrer Vollständigkeit zu erfassen, da sie sich ständig erweitert. Die schier unendliche Landschaft reicht von Crowdfunding-Aktionen über Spendenplattformen, Spendenaktionsportalen, Webverzeichnissen für Non-Profit-Organisationen, Online-Charity-Auktionen, Social Payments und provisionsorientierten Einkaufsplattformen für Nonprofit-Organisationen. Gerade kleine Organisationen sammeln im Rahmen des Online-Fundraisings vorrangig Spenden von jungen Menschen. Humanitäre Hilfe stellt dabei das wichtigste Spendenthema dar. Die Kunst des Fundraisings besteht in diesem Kontext darin, junge potentielle Spender im Rahmen ihrer onlinebasierten Lebensthemen zu erreichen und zu gewinnen. Das erfordert die Bereitschaft sozialer Organisationen, sich neuen innovativen Formen der Spendenakquise zu öffnen und die bisherigen Marketingstrategien zu erweitern.
Die Herausforderung im Hinblick auf Nachlassspenden besteht darin, dass hinsichtlich der Akquise solcher Spenden bisher nur wenige Erfahrungen vorliegen. Aktuell ist eher ein Rückgang von Nachlassspenden zu verzeichnen (vgl. Terre de Hommes, 03.07.2017; Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, 03.07.2017). In diesem Zusammenhang ist es umso wichtiger, strategisches Fundraising stets an den Themen, Bedürfnissen und Potentialen der möglichen Spendergruppen auszurichten. Man kann strategisch auch den Fokus weg von der Nachlassspende hin zum Online-Fundraising oder zu Charity-Events verschieben und somit andere Formen der Spendenakquise priorisieren. Sozialwirtschaftliche Organisationen müssen insbesondere die Potenziale des Spendermarktes systematisch analysieren, ihre Zielgruppen kennen und die geeigneten Instrumente zur Erreichung dieser wählen. Aufgrund des enormen Vermögenstransfers in den kommenden Jahren bietet der Erbschaftsmarkt aufgrund des Potenzials hier eine große Chance. Die Diversifikation in weitere Finanzquellen die Flexibilität erhöhen. Allerdings muss sozialwirtschaftliche Unternehmen entstehende Abhängigkeiten und die öffentliche Nähe zum Zuwendungsgeber im Blick haben. Mit zunehmendem Anteil zweckgebundener Spenden wächst zudem die Gefahr, dass die Verantwortlichen in ihrer Flexibilität, dort Gelder einzusetzen wo sie aus fachlicher Sicht besonders nötig sind, immer mehr eingeengt werden. Deshalb sollten „freie“ Spenden die Regel und zweckgebundene Spenden die Ausnahme bleiben.
Prof. Dr. Gabriele Moos, 1. Vorsitzende der DGCS